Ende März erschien ein älterer Herr auf unserer Dienststelle mit einem seltsamen Anliegen.

Er teilte zunächst mit, dass er heute Morgen einen Anruf erhalten habe. Der Anrufer hätte sich als Kriminaldirektor Holger Münch vom Bundeskriminalamt ausgegeben und habe ihm gesagt, dass gegen ihn ein internationaler Haftbefehl vorliegen würde. Wegen einer verbotenen gewerbsmäßigen Handlung, auf die der Anrufer nicht genauer einging, sollte er an die Türkei ausgeliefert werden.

Der Anrufer hätte auch persönliche Daten und die E-Mail-Adresse erfragt und mitgeteilt, dass er sofort eine E-Mail schicken werde, welche eine Schweigepflichterklärung beinhalte. Diese müsse ausgefüllt wieder zurückgesandt werden.

Der Senior tat wie ihm geheißen, druckte sich die besagte Erklärung aus, füllte sie aus und konnte sie aber nicht zurückschicken, da sein Scanner nicht funktionierte. Dies war nun sein eigentliches Anliegen, weshalb er zum Polizeiposten kam. Gott-sei-Dank.

Aber wie wäre die Sache weitergegangen?
Ganz einfach. Nachdem ihm eine gehörige Portion Angst eingejagt worden ist, denn wer will schon in einen türkischen Knast, und er eine schriftliche Verpflichtung zum Schweigen abgegeben hatte, wäre ihm die Lösung offeriert worden. Gegen einen Obolus von einigen hundert oder tausend Euro hätte man von einer Verhaftung abgesehen und ihm sozusagen die Freiheit geschenkt.

Liebe Mitbürger. Wenn gegen Sie ein internationaler Haftbefehl  vorliegt, dann werden Sie von der Polizei nicht telefonisch vorgewarnt, sondern einfach verhaftet. Den Mitarbeiter Holger Münch gibt es beim BKA übrigens tatsächlich. Es handelt sich bei ihm um den Präsidenten des Amtes, und er beschäftigt sich mit Sicherheit nicht mit der Vollstreckung internationaler Haftbefehle.